Jil Sanders kometenhafter Aufstieg von der Freiberuflerin zur international gefeierten Mode-Unternehmerin – Restrospektiv „Jil Sander Präsens“ im Museum Angewandte Kunst Frankfurt

Jil Sander gehört zu den einflussreichsten Modedesigner/innen ihrer Generation. In ihrer weltweit ersten Einzelausstellung in einem Museum präsentiert Jil Sander in raumgreifenden multimedialen Installationen und Tableaus die Auswirkungen ihrer Gestaltungshaltung auf Ästhetik, Material und Form von Mode- und Produktdesign, Architektur und Gartenkunst. Hinter Jil Sander im Bild: Museumsdirektor und Kurator der Ausstellung Matthias Wagner K. Foto: Diether v. Goddenthow
Jil Sander gehört zu den einflussreichsten Modedesignerinnen ihrer Generation. In ihrer weltweit ersten Einzelausstellung in einem Museum präsentiert Jil Sander in raumgreifenden multimedialen Installationen und Tableaus die Auswirkungen ihrer Gestaltungshaltung auf Ästhetik, Material und Form von Mode- und Produktdesign, Architektur und Gartenkunst. Hinter Jil Sander zu sehen: Museumsdirektor und Kurator der Ausstellung Matthias Wagner K. Foto: Diether v. Goddenthow

Jil Sander ist nicht nur eine der einflussreichsten Modedesignerinnen ihrer Zeit. Die Wahl-Hamburgerin hat auch  deutsche Modewirtschafts-Geschichte  geschrieben und Generationen junger Frauen  bereits zur Selbständigkeit ermutig, als Start-up  hierzulande noch ein Fremdwort war.  1965 von einem Austauschstudium aus Los Angeles zurückgekehrt, eröffnet die studierte Textilingenieurin noch als Moderedakteurin verschiedener Magazine  1968 ihr erstes Prêt-à-porter-Geschäft. Ihre – zunächst nur  für sich selbst entworfene – Mode präsentiert Sander erstmals 1973 – Jil Sanders kometenhafter Aufstieg von der freiberuflichen Modemacherin zur international gefeierten Textilunternehmerin  beginnt.

Unter Start-up-Aspekt: Von der Freiberuflerin zur gewerblich tätigen Mode-Unternehmerin
Jil Sander, mit bürgerlichem Namen Heidemarie Jiline Sander, wird am 27. November 1943 im schleswig-holsteinischen Wesselburen geboren. Nach der Mittleren Reife beginnt sie ein Textilingenieur-Studium an der Staatlichen Ingenieurschule für Textilwesen in Krefeld. 1964 geht sie als Austauschstudentin nach Los Angeles, um 1965 nach Hamburg zurückzukehren und als Moderedakteurin für verschiedene Frauenzeitschriften zu arbeiten.

Was sie sieht, entspricht nicht ihren Vorstellungen von Mode und auch nicht dem, was sie seismografisch an ästhetischen Erwartungen in einer sich verändernden Gesellschaft erspürt. So beginnt sie selbst Mode zu entwerfen und präsentiert diese von dezenter Farbigkeit und formaler Strenge geprägten Kreationen erstmals 1973 in ihrem fünf Jahre zuvor eröffneten Prêt-à-porter-Geschäft im Hamburger Stadtteil Pöseldorf. Mit Jil Sander Woman Pure und Jil Sander Man Pure überträgt die Designerin 1979 ihre Ästhetik erstmals auf die Parfumgestaltung und entwickelt ihre eigenen Duft- und Pflegeprodukte. Die Düfte werden zu Klassikern, allen voran der zehn Jahre später lancierte Duft Jil Sander Sun.

Jil Sander beruft sich, durchaus in Spannung zu Paris, auf ihre eigene, deutsche Kultur. Nicht nur die Bauhaus-Philosophie der aufgeklärten Serialität und Prototyp-Kunst, der Transparenz, der schnell begreiflichen Struktur, der avantgardistischen Handwerkskunst und Teamarbeit fließt in ihr Œuvre ein. Auch frühere, dem protestantischen Norden abgewonnene Tugenden reflektieren sich darin. Was Goethe in Unterscheidung von einfacher Nachahmung und Manierismus als „Stil“ bezeichnete, kehrt in Jil Sanders Konzept des Purismus zurück. I n ihrer Kampagnenfotografie ist sie von der Modernität der Neuen Sachlichkeit inspiriert.

Am Beispiel Jil Sanders erfolgreicher Gründerinnenkarriere – vom Modejournalismus über Modedesign und Modegeschäft bis hin zum Aufbau eines Modeimperiums – können auch heutige freiberufliche Gründungs-Aspiranten – beinahe exemplarisch – den mitunter fast schleichenden Übergang vom Freiberufler- zum Gewerbe-Status als Selbständiger bzw. Unternehmer nachvollziehen. Potentielle Freiberufler können vor allem erkennen, wie wichtig es ist, Freiberuflichkeit nicht isoliert von einer möglichen Gewerbetätigkeit zu trennen, insbesondere, wenn sie von ihrer Tätigkeit her, etwa als Fotograf und in anderen Bereichen tätig sind, die typische freiberufliche Ausübungsmerkmale haben, obgleich sie wirtschafts- und steuerrechtliche Gewerbetätigkeiten darstellen.

Wer mehr über freiberufliche Freiberuflichkeit und gewerbliche Freiberuflichkeit erfahren möchte, findet hierzu im Freiberufler-Atlas alle wichtigen Informationen.

Jil Sander – Präsens – Retrospektive im Museum Angewandte Kunst

Wer mehr über Jil-Sander wissen möchte, dem sei ein Besuch im Museum Angewandte Kunst Frankfurt empfohlen. Auf zwei Etagen und 3000 Quadratmetern zeigt das Museum Angewandte Kunst Frankfurt vom 4. November 2017 bis zum 6. Mai 2018 unter dem Titel „Jil Sander Präsens“ erstmals eine Retrospektive der Frau, die  kaum wie eine andere das Outfit und Selbstbewußtsein ganzer Frauen-Generation prägte. Es zeigt die Kleider, Handtaschen, Schuhe und Parfums, Architektur und Gartengestaltungen  einer Perfektionistin, die alles war: neugierig, vielfältig, universell, sinnlich, träumerisch, elitär, machthungrig, sachlich,  bescheiden, unternehmerisch und visionär.

Museum Angewandte Kunst
Schaumainkai 17
60594 Frankfurt